Jüdischsein heute in Deutschland hat viele Gesichter und Facetten. Diese Vielfalt wurde uns Lehrkräften und unseren Religruppen in der 9. Klasse auch in diesem Jahr wieder bewusst. Zum zweiten Mal konnten unsere 9. Klässler/innen all ihre Fragen zum jüdischen Leben in einer Teamskonferenz je zwei Personen jüdischen Glaubens stellen. „Meet a Jew“ ist ein Projekt des Zentralrats der Juden und wird gefördert durch das Bundesporgramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie und Jugend mit dem Schirmherrn Dr. Walter Steinmeier.
So waren in einer der Religruppen zwei junge Studentinnen zugeschaltet, die aus Würzburg und Heidelberg stammten und unter anderem in München studieren. Beide beantworteten alle Fragen spontan, ausführlich und offen – es hab keine Tabuthemen. Schnell wurde klar, dass es wie in anderen Religionen Gläubige gibt, die ihren Glauben auch im Alltag leben, während anderen die Glaubenspraxis weniger wichtig ist. So bezeichnete sich die Studentin aus Würzburg als weniger religiös, weil sie nur selten die Synagoge besucht und sich nicht koscher ernährt, aber die Gemeinschaft mit Freunden und Familie an den jüdischen Festtagen ebenso wie das Abschalten am Sabbat genießt und als absolut wichtig empfindet. Wir konnten erfahren, wie schwierig es sein kann, wenn man sich in Deutschland streng koscher ernähren will und dass es dann wohl die leichtere Variante ist, vegan zu leben. Viele weitere Aspekte jüdischen Lebens wurden deutlicher, wir bekamen eine Vorstellung davon, wie religiöse Traditionen und Feste in der jungen Generation weiter gelebt und interpretiert werden. Beide Studentinnen wünschen sich für die Zukunft, dass Hass und Hetze gegen jegliche Religion ein Ende haben – es ist erschütternd und traurig, dass eine der beiden Studentinnen den Anschlag auf die Münchner Synagoge miterleben musste. Auch wenn es für beide zur Gewohnheit geworden ist, beim Besuch der Synagoge von Videokameras aufgenommen zu werden, Polizisten vor dem Gebäude zu grüßen und dann nochmal an einer Art Pforte überprüft zu werden, wünschen sie sich die Offenheit aller Gotteshäuser als Begegnungsorte ohne Angst oder Ausgrenzung. Auch die Tatsache, dass eine Äußerung über den eigenen jüdischen Glauben sofort mit Israel und der dortigen Politik in Verbindung gebracht wird, stört die Studentinnen – vor allem, da die Eltern und Großeltern der Mehrheit der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion stammen und mit Israel erst einmal wenig zu tun haben.
Die beiden Frauen machten allen im Raum klar, warum sie sich bei „Meet a Jew“ engagieren und in die Klassenräume der ganzen Bundesrepublik zuschalten lassen: Ihnen geht es um Aufklärung und den Respekt gegenüber Mitmenschen – egal welcher Religion man angehört -, um ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen!
Die Fachschaften katholische und evangelische Religion sowie unsere Schüler/innen bedanken sich auch in diesem Jahr wieder ganz herzlich bei unseren digital zugeschalteten Gästen von „Meet a Jew“!