Mit dem ergreifenden Stück „Der Flüchtling“ von Fritz Hochwälder zogen uns die vier Schauspieler vom Theater Schloss Maßbach in ihren Bann und in den Bann der spannenden, ergreifenden und auch erschütternden Geschichte über den namenlosen Flüchtling, der von einer mitfühlenden Frau versteckt wird, auch auf die Gefahr hin, dass sie selbst ins Fadenkreuz der totalitären Mächte gerät und ihr persönliches Glück mit einem Mitläufer des Systems aufs Spiel setzt.
Nachdem die Frau den Flüchtling in ihrem Haus versteckt und als ihren Mann ausgegeben hat, verstrickt sie sich gegenüber ihrem Mann immer mehr in auffällige Unsicherheiten und Ausreden, bis sie diesem schließlich gesteht, die Person des Dorfes zu sein, die von dem Terrorregime als Helfer des Geflüchteten gesucht wird. Der Mann der Frau, der für das System als Grenzwächter arbeitet, steht nun vor der Entscheidung, seiner Frau, die er sehr liebt, zu helfen oder den Flüchtling auszuliefern.
Der überraschende Twist, dass wir als Zuschauer und Zuschauerinnen auf einmal in die schwierige Entscheidungssituation geraten, über das Leben des Flüchtlings bestimmen zu müssen, führte in der abschließenden Nachbesprechung mit dem Cast zu einer interessanten Diskussion über Verantwortung, Gewissensentscheidungen, den Mut zur Positionierung und die Ehrlichkeit bezüglich der eigenen Schwäche.
Das Stück „Der Flüchtling“ wurde 1944 von dem österreichischen Dramatiker Fritz Hochwälder geschrieben, der als Jude und bekennender Linker selbst aus Österreich in die Schweiz fliehen musste. Es greift die Frage auf, wie so viele Menschen zu Mitläufern totalitärer Systeme werden und was es braucht, dass andere dies nicht tun. Doch das Stück bleibt nicht in der Vergangenheit stehen. Immer wieder durchbricht ein Geflüchteter die Realität des Stückes und auch die vierte Wand zum Publikum hin und erinnert uns Zuschauer daran, dass Flucht und totalitäre Systeme heute für viele Menschen Lebensrealität sind.
Das Kammerstück war sicherlich für viele herausfordernd, aber doch gewinnbringend für die Diskussion um Moral, Ethik und die eigene Gewissensbildung. Im Rahmen des Religions- und Ethikunterrichts wird dieser Theaterbesuch sicherlich noch zu einem interessanten Austausch führen, weshalb wir sehr froh und dankbar über das tolle Angebot des Theaters in Maßbach sind, das extra für uns eine Aufführung am Vormittag ermöglicht hat.