„»Verrat«, »Revolution«, »Dolchstoßlegende« und »Versailles«“ - diese Schlagworte lasteten auf der Weimarer Republik „vom ersten Beginn bis zum Ende als nicht abtragbare Hypothek. Diese Last vergiftete die innenpolitische Atmosphäre und verhinderte von Anfang an, dass die junge Demokratie Rückhalt in der Bevölkerung fand. Wie wenig die neue republikanische Staatsform in der Bevölkerung verankert war, lässt sich unschwer am Stimmungsbarometer der Wahlergebnisse ablesen. Schon frühzeitig wandten sich viele Wähler enttäuscht von den demokratischen Parteien ab und stimmten für republikfeindliche Parteien.
Wie diese Entwicklung in Bad Kissingen verlief, soll hier am Wählerverhalten der Kissinger bei den Reichstagswahlen näher untersucht werden. Bei der Unterrsuchung ist eine Besonderheit des Weimarer Wahlrechts zu berücksichtigen. Aufgrund des reinen Verhältniswahlrechts konnte man mit einem Wahlschein auch außerhalb seiner Heimatgemeinde seine Stimme abgeben. Dies bedeutete für einen Kurort wie Bad Kissingen, dass bei Wahlen in den Sommermonaten oft über ein Drittel der Wählerstimmen von hhier anwesenden Kurgästen stammten, ein Umstand, der bei einer Interpretation der Kissinger Wahlergebnisse zu berücksichtigen ist.
