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Von unserer Mitarbeiterin Ursula Lippold

 

 

BAD KISSINGENWas ist Geschichte? „Eine unendliche, öde Aufzählung von Jahreszahlen, Schlachtenorten und fürstlichen Stammbäumen."     Geschichte, wie sie junge Leute heute kaum erreicht, geschweige denn nachhaltig etwas hinterlässt. Aber  Geschichte kann für Schüler interessant werden, wenn sie selbst hinein steigen in die Personen, die Geschichte machten. Das beweist das Projekt „Noch eine Frage Majestät“.

 

Dies dachte sich auch Dierk Strothmann, der Herausgeber des ersten Bandes von „Noch eine Frage, Majestät – Schüler interviewen Prominente der Weltgeschichte“. Dieser Band enthält 21 fiktive Interviews, die von Schülern an bayrischen Gymnasien und Realschulen unter Anleitung ihrer Geschichtslehrer geführt wurden.

Auch das Jack-Steinberger-Gymnasium Bad Kissingen beteiligte sich. Die Klasse 10a (inzwischen die 11a) interviewte Otto von Bismarck. Das lag nahe, denn 15-mal kurte der eiserne Kanzler in Kissingen.

Die Schülerinnen und Schüler hatten die Aufgabe, in die Rolle eines Reporters zu schlüpfen, der herausfinden sollte, was für ein Mensch Bismarck war. Mit Eifer stöberten sie in Bibliotheken, im Stadtarchiv und in elterlichen Büchersammlungen. Und dabei erkannten sie nach und nach, dass auch Bismarck ein Mensch mit Stärken und Schwächen war, mit Hoffnungen und Ängsten, ein Mensch aus Fleisch und Blut – eben nicht nur eine steinerne Büste oder ein 3,5 Meter hohes Denkmal wie am Gradierwerk. Für das Interview kam es darauf an, die richtigen Fragen zu stellen. Und da bewiesen die Schülerinnen und Schüler – nicht nur am Kissinger Gymnasium – eine erstaunlich unverkrampfte Haltung – so Strothmann.

Schließlich kam es nicht auf politische oder historische Zusammenhänge an. Eigentlich sei es sogar einfach gewesen, meinte Strothmann, denn alle interessanten Antworten stehen in der Literatur, „die Schüler mussten sie nur entdecken und die passenden Fragen formulieren“. Die Kissinger Gymnasiasten titelten ihr Interview mit „Machtpolitiker ja, aber kein skrupelloser“. Damit zitieren sie Bismarck, der wohl um seine Macht wusste und die entscheidenden Fragen der Zeit mit „Blut und Eisen“ lösen wollte. Mit diesen Sätzen schließt das über 14 Seiten gehende Interview.

Der Zeitpunkt des Interviews  liegt zwei Jahre nach Bismarcks Rücktritt von seinen politischen Ämtern. Wie fühlt er sich auf dem Abstellgleis? Warum kämpfte er für seine Politik nicht weiter? Warum hasste er zeitweilig seine Mutter? Fragen, die zutiefst menschliche Seiten öffnen. Bismarck gestand seine Karzerstrafen während seiner Studienzeit, er berichtete von seinem ausschweifenden Leben und dass man ihn den „tollen Bismarck“ nannte. Mit großer Verehrung und Respekt spricht er von seinen glücklichen 50 Ehejahren mit Johanna Puttkamer, von seiner Familie und seinen drei Kindern. Im Laufe des Gesprächs offenbarte Bismarck seine Leidenschaft fürs Zigarre rauchen und für sein Lieblingsgericht: “Ich liiiiebe Heringe...“ Ein ganz anderes Thema ist die Wahl des Kurortes Kissingen und die Herrschaft des „schwarzen Tyrannen“, seines Leibarztes Prof. Schwenninger.

Betreut wurde das Kissinger Projekt von Oberstudienrat Rudolf Walter. Er ist am Jack-Steinberger-Gymnasium Geschichtslehrer und Fachbetreuer. Schon Ende der 9. Klasse stellte er den knapp 30 Schülern das Projekt vor, und spontan sagten sie ihre Beteiligung zu. Einzelne Teams recherchierten im Internet, anderer stöberten in der Literatur, wieder andere besuchten das Bismarck-Museum. Anfangs gab es leichte Schwierigkeiten, erzählt Walter, die Begeisterung ließ etwas nach. Doch dann legten die Jugendlichen los, vor allem das Schreiben habe Spaß gemacht, es sei nicht trocken gewesen, eher unterhaltsam und sogar witzig. Die Begeisterung der Schüler schlug sich in der Qualität der Beiträge nieder. Die Initiatoren des Projekts seien davon so überrascht gewesen, dass sie sich entschlossen haben, es bundesweit fortzusetzen, sagte Strothmann auf Anfrage dieser Zeitung.

Die Idee zu diesem Projekt kam von Dierk Strothmann selber. Er arbeitet seit 2000 als freier Journalist, vorher war er Redakteur beim Hamburger Abendblatt. Er schreibe viel Historische für Zeitungen, und dabei sei ihm das fehlende Geschichtsbewusstsein der Jugend deutlich geworden.

Die Projekt-Idee wurde geboren, Strothmann konnte in München den Herbert Utz Verlag dafür gewinnen, das Kultusministerium versorgte in mit Adressen der Gymnasien und Realschulen. Etwa 700 Schulen habe er angeschrieben, Rückmeldungen kamen 30. Davon sei er positiv überrascht gewesen, so  Strothmann, schließlich sei es ein sehr arbeitsintensives Projekt außerhalb des Schulalltags

Jetzt läuft das Projekt bundesweit. Sieben Länder hätten bereits Beteiligung signalisiert, so Strothmann. Dazu gehören Nordrhein- Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Bayern und Niedersachsen. Die Schulen dürfen sich selbst eine Persönlichkeit aussuchen. Aus Sachsen erreichte Strothmann eines Tages ein Anruf des Betreuers, der ihm mitteilen wollte, dass die Klasse den Maler Konrad Felix Müller aus den 20er Jahren gewählt habe. Den würde er, Strothmann, sicher nicht kennen. Doch wie das Leben so spielt: Strothmann kennt ihn, denn dessen Enkelin war bei ihm Volontärin in Hamburg.

 

Noch eine Frage Majestät?“ – Schüler interviewen Prominente der Weltgeschichte-/Band 1 hrsg. von Dierk Strothmann,   Herbert-Utz Verlag, München 2003, ISBN: 3-8316-1102-5

 

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