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Zu Beginn der Stunde stellte Geschichtslehrer Herr Walter seinen Schülern den Gast vor und würdigte vor allem dessen Versöhnungsbereitschaft und Offenheit, mit der er in seine frühere Heimatstadt zurückgekommen sei. Er erzählte von Steinbergers erstem Besuch nach der Verleihung des Nobelpreises im Sommer 1989. Die anfängliche Befangenheit war sehr schnell verflogen, als der berühmte Gast in die Aula kam und in seiner humorvollen, bescheidenen Art mit seinem ersten Satz sofort die Herzen der Schüler erreichte: „Ich freue mich an meine frühere Schule zurückzukommen und in so viele schöne junge Gesichter sehen zu dürfen.“ Herr Walter würdigte kurz Steinbergers Verdienste, die anwesenden Schüler, Lehrer und ehemaligen Lehrkräfte erfuhren etwas über Jack Steinbergers soziales und politisches Engagement, seine vielseitigen Interessen und über die berühmten Steinberger-Gitarren seines Sohnes. Außerdem betonte er, dass der Nobelpreisträger trotz aller Auszeichnungen immer bescheiden geblieben und dass ihm jeder Rummel um seine Person zuwider sei.

Schließlich übergab er das Wort an einige Schüler, die sich speziell auf diese Stunde mit Bildern und Fragen vorbereitet hatten. Zu Beginn gab es noch einige Schwierigkeiten mit der sprachlichen Verständigung, obwohl Herr Steinberger noch sehr gut Deutsch, zum Teil sogar perfektes Fränkisch spricht, doch diese Probleme waren schnell gelöst und Herr Steinberger ging zwei Unterrichtsstunden intensiv auf die Fragen der Schüler ein. Die ersten Bilder und Fragen bezogen sich auf Herrn Steinbergers Kindheit in Bad Kissingen und seine Emigration in die USA. Bilder, die ihn vor der ehemaligen Synagoge oder seinem Elternhaus zeigen, erkannte er sofort und er erzählte den Schülern von der religiösen Atmosphäre in seinem Elternhaus. Nach seinen Eltern gefragt sagte er, dass er ihnen dankbar sei, und betonte, dass es für ihn keine besseren hätte geben können. Was seine Kindheitserinnerungen betrifft, räumte Herr Steinberger ein, dass er sich leider nicht mehr an sehr viele Details erinnern könne. Auf die Frage, ob er je mit Antisemitismus in Berührung gekommen sei, antwortete er, dass er von der Regierungszeit Hitler nicht mehr viel miterlebt habe, da er ja bereits 1934 Deutschland verlassen musste. Jedoch erinnere er sich an „Fackelzüge“, die vor Hitlers „Machtergreifung“ stattfanden und bei denen Menschen mit Fackeln durch die Straßen zogen und Lieder sangen, die eindeutig gegen die Juden gerichtet waren. Dies war ihm in Erinnerung und er kannte sogar die Lieder, die gesungen wurden und die ihn als Kind sehr erschreckt hatten. Später habe er keinen Antisemitismus mehr erlebt. 

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Sehr anschaulich konnte Herr Steinberger von der ersten Zeit in den Vereinigten Staaten erzählen, in der er mit seinem Bruder und anderen Flüchtlingskindern in einem Waisenhaus untergebracht war, bis die beiden Jungen in einer Pflegefamilie untergebracht wurden. Sie besuchten eine gute Schule und ihr Pflegevater half, dass auch Steinbergers Eltern schließlich mit dem jüngsten Sohn ebenfalls in die USA ausreisen konnten.  Nach seiner Schulzeit in Amerika wollte er studieren und Arzt werden, durch einen Zufall kam er jedoch zur Physik und begann nach seinem Studium bei dem bekannten Physiker Enrico Fermi, den er durch glückliche Umstände kennenlernte, zu arbeiten.

Heute lebt er mit seiner zweiten Ehefrau in der Schweiz und hat nur noch wenig Kontakt in die USA. Sooft es geht, besucht er aber seine 4 Kinder, von denen sich eine Tochter an der Universität in Leeds mit ökologischen und sozialökonomischen Fragen beschäftigt  und ein Sohn sehr bekannte Musikinstrumente baut. Auf die Frage, wie er sich gefühlt habe, als er 1989 nach Bad Kissingen zurückkam, sagte er, dass es ganz klar ein positives Gefühl war. Es sei eine Rückerinnerung an die Kindheit gewesen. Unter anderem habe er sich an das „Saale-Dampferle“ erinnert. Viele Bekannte von früher habe er allerdings nicht mehr  getroffen, jedoch sei ihm bis heute eine Freundin geblieben, die im selben Haus wie er gewohnt habe. Auf die Frage eines Schülers, welchem Land er sich stärker verbunden fühle, Deutschland, der USA oder der Schweiz, antwortete Steinberger: „Deutschland und Bad Kissingen, denn wir lernen, was wir sind, als Kinder“. 

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Trotz seines Alters ist Steinbergers Interesse für Fragen der Physik ungebrochen, in den letzten Jahren beschäftigte er sich mit Astrophysik, Kosmologie und der dunklen Materie. Zuletzt fragten die Schüler nach seiner Meinung zu aktuellen Themen. Jack Steinberger ging auf zwei Themen näher ein. Seit einigen Jahren bewegt ihn vor allem die Frage der Energieversorgung. So hat er etwa das Wüstenstrom-Projekt „Desertec“ als sinnvolle und machbare Lösung unterstützt. Sehr engagiert begründete der Gast auch sein langjähriges Eintreten für eine atomwaffenfreie Welt und hofft, trotz seiner Enttäuschung über die nicht erfüllten Versprechungen Obamas in dieser Frage, dass dieses Ziel verwirklicht werde. 

Am Ende dieser überaus bewegenden und intensiven Doppelstunde verabschiedete sich Jack Steinberger von den Schülern mit den Worten: „Ich wünsche Ihnen Glück, denn alles in meinem Leben war Glück und das wünsche ich Ihnen auch!“ 

Die Schüler waren begeistert und sehr froh darüber, die Möglichkeit gehabt zu haben, dem Nobelpreisträger so nah zu kommen und ihn persönlich kennen zu lernen.

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