Unser P-Seminar trägt den Namen „Begegnung zwischen Menschen mit und ohne Behinderung“. Beim ersten Hören denkt man wahrscheinlich an gemeinsame Aktionen, Ausflüge oder Informationsveranstaltungen.

Das waren auch unserer Ideen, als wir uns zum ersten Mal Gedanken gemacht haben, was wir uns unter unserem Seminar vorstellen und was wir machen wollen. Aber all das sind natürlich nur kurze Kontakte. Eigentlich wäre es ja auch sehr interessant, etwas über den Alltag zu erfahren, wenn Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben. Zu unserem Glück hat sich Monika Fella, die selbst Mutter einer behinderten Tochter ist, bereit erklärt, ihrer Erfahrungen mit uns zu teilen.

2023 Franz von Prümmer JuniAm 25. Mai 2023 war es dann soweit: Zum einen fand das Gespräch mit Frau Fella statt, zum anderen durfte unser P-Seminar erneut die Franz-von-Prümmer-Schule, eine Bad Kissinger Förderschule mit Schwerpunkt für geistige Entwicklung mit einer integrierten heilpädago-gischen Tagesstätte, besuchen. Diesmal stand dabei zunächst eine Schulbesichtigung an, an die sich das Gespräch mit Frau Fella anschloss.

Die Besichtigung wurde in Kleingruppen von der Klasse MB lila geführt. Es gibt viele Unterschiede zwischen unserer Schule und der Förderschule, da der Unterricht an den beiden Schulen sehr unterschiedlich ist. Zum Beispiel gibt es an der Förderschule die Fächer Physik, Chemie oder Geschichte nicht, deswegen gibt es auch keine naturwissenschaftlichen Fachräume. Stattdessen haben die Schüler*innen vor allem Fächer wie Kunst und Werken, weshalb die Franz-von-Prümmer-Schule einen viel größeren und auch mit mehreren Maschinen ausgestatteten Werkraum besitzt. Es wird hierbei besonders viel Wert darauf-gelegt, die Schüler*innen auf das spätere Leben vorzubereiten. Weitere Räume, die das Jack-Steinberger-Gymnasium nicht hat, sind zum Beispiel das Schwimmbad, welches vor allem die jüngeren Schüler*innen benutzen, oder der Snoezel-Raum, welcher verschiedene Sitz- und Liegemöglichkeiten zum Entspannen und Abschalten bietet. Es gibt hier ein Wasserbett, ein Fühlteppich und ein Klangbett, in dem Musikboxen eingebaut sind, um die Musik spüren zu können. Ebenfalls ist ein Sofa mit integrierter Wassersäule, welche die Farbe ändern kann, in dem Snoezel-Raum zu finden. Dieser Raum ist geeignet, um Schüler*innen mit Autismus-Spektrum-Störung eine Auszeit im Schultag zu ermöglichen, aber der Raum bietet auch anderen Schüler*innen oder sogar den Schulbegleiter*innen oder Lehrer*innen, wie uns eine Schulbegleiterin berichtete, eine Möglichkeit, sich vom anstrengende Alltag zu erholen.

Nachdem Frau Fella uns schon bei der Schuhausführung begleitet hatte, erzählte sie uns im Anschluss äußerst lebendig und anhand vieler Fotos über das Leben und den (Familien-)Alltag mit ihrer Tochter.

Die Tatsache, plötzlich ein Kind mit einer Behinderung zu haben, bringt natürlich allerlei Herausforderungen mit sich. Praktischen Dinge müssen entscheiden werden: Welche Schule ist geeignet? Was kann bzw. will das Kind nach der Schule machen? Welche Freizeitaktivi-täten sind die richtigen? Wie möchte bzw. kann das Kind später einmal leben? Selbständig alleine, im betreuten Wohnen oder doch weiterhin zuhause? Zu der Frage des Wohnens hatte ihre Tochter eine klare Meinung, wie Frau Fella erzählte. Bei der Besichtigung eines neu gebauten Wohnheims für Menschen mit Behinderung entschied sie spontan, dort einziehen zu wollen. Egal welche Entscheidung ansteht, es gilt stets, die Wünsche und Ideen des Kindes und der Eltern mit den bestehenden Möglichkeiten im Rahmen der Behinderung zu vereinbaren.

Frau Fella erzählte auch, dass neben den praktischen Dingen eine Behinderung auch das gesamte Familienleben auf den Kopf stellen kann. Ein behindertes Kind braucht eben mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung und dabei müssen dann Geschwister, der Beruf oder Freizeitaktivitäten oftmals hintenanstehen.

Bei allen Herausforderungen darf man allerdings den Blick auf die schönen Dinge nicht vergessen. Frau Fella zeigte uns Bilder von den Geburtstagen ihrer Tochter, mit Geschenken und Kuchen, ganz genau so wie wir alle unsere Geburtstage feiern. Außerdem erzählte sie von der Kreativität ihrer Tochter und der Art und Weise, wie sie dadurch auch einen eigenen Weg der Kommunikation und des Ausdrucks ihrer Gefühlswelt für sich gefunden hat. Somit wurde uns noch einmal deutlich, dass das (Zusammen-)Leben mit einem Menschen mit Behinderung zwar in vielerlei Hinsicht anders, aber nicht unbedingt schlechter ist.

Zum Abschluss des Gesprächs erfuhren wie noch einiges über den Verein der Lebenshilfe in Bad Kissingen und die dort stattfindende Behindertenarbeit, bei der Frau Fella als Vorsitzende des Aufsichtsrats selbst sehr engagiert mitarbeitet, sowie über die Behinderten-werkstatt in Nüdlingen, in der unter anderem viele Schüler*innen der Franz-von-Prümmer-Schule nach ihrem Schulabschluss arbeiten.

Wir durften an diesem Nachmittag einen intensiven und interessanten Einblick davon gewinnen, was es bedeutet, ein behindertes Kind in der Familie zu haben.

Ganz besonders möchten wir an dieser Stelle noch einmal Frau Fella für ihr Engagement und ihre Offenheit im Gespräch mit uns danken.

Abgerundet wurde der Tag, an dem wir vieles über das Leben im Kontakt mit Menschen mit Behinderungen und über ihren Schulalltag gehört haben, durch ein gemeinsames Kuchenessen mit den Franz-von-Prümmer-Schüler*innen, die uns zu Beginn ihre Schule gezeigt hatten. So war auch Zeit, einfach miteinander zu plaudern und sich über außerschulische Dinge auszutauschen.